In der Theorie stellt man sich das immer so schön vor: Nähen mit Kindern! So ähnlich wie Backen mit Kindern: Ich hatte da auch mal so die Vorstellung von einem harmonischen Nachmittag, an dem wir eingeschneit sind und perfekte Plätzchen backen. Oder, auf’s Nähen übertragen: Ein harmonischer Nachmittag, an dem wir alle schöne Sachen nähen, die 1. alle gelingen und 2. anschließend auch vorzeigbar sind.
Tja. Die Realität hat nicht immer ganz so die rosarote Brille auf.
Wer eigene Kinder hat, erholt sich ganz schnell von solch idyllischen Vorstellungen. So erging es auch mir, als ich meine ersten Näh-Nachmittage mit den Kindern organisieren wollte: Plötzlich keinen Bock mehr, Wutausbrüche wegen Unterfaden, schiefe Nähte, Trennen… Die Liste der potentiellen Katastrophen bei Nähanfängern ist lang, und der Geduldsfaden zumindest meiner Kinder ziemlich kurz.
Aber wir lernen ja dazu, und deshalb gibt es nun diesen Artikel mit einigen nützlichen Erfahrungen und Tipps, wie Du die schlimmsten Stolperfallen und Hürden des Nähens mit Kindern meisterst.
Damit Nähen uns allen Spaß macht und nicht zur Krise wird ;).
Inhalt
Die Lust auf Nähen bei Kindern: Darauf musst Du Dich einstellen
Ganz egal, ob Du “nur” mit Deinen eigenen Kindern nähen willst, ob Du einen Näh-Kindergeburtstag bei Dir veranstalten möchtest, einen Nähkurs für Kinder gibst oder einfach einen verregneten Nachmittag mit Deinem Kind oder Enkelkind irgendwie rumkriegen willst: Mal einfach die Nähmaschine hervorkramen und drauflos nähen ist in meisten Fällen nicht.
Zumindest habe ich damit keine guten Erfahrungen gemacht. Bis nämlich alles aufgebaut ist und man sich für ein Projekt entschieden hat, ist die Lust der Kinder oft schon wieder weg.
Daher rate ich für einen gemütlichen Nähnachmittag mit Kindern unbedingt zu einer guten Vorbereitung – idealerweise sogar mit fertigem Zuschnitt!
Der Grad der Vorbereitung hängt natürlich auch mit dem Alter zusammen. Über das optimale Alter, um mit dem Nähen anzufangen, habe ich ja beim Thema “Nähmaschine für Kinder” schon ein bisschen was geschrieben.
Als Faustregel gilt: Je jünger das Kind, desto mehr musst Du im Vorfeld vorbereiten.
Ich habe festgestellt, dass die Kinder so mit 5/6 Jahren einfach nur auf das Pedal treten wollen und gar nicht an soviel drumherum interessiert sind. Größere Kinder haben dagegen dann schon gern ganz eigene Vorstellungen, was sie nähen wollen und welchen Stoff sie gern vernähen wollen. Hier ist es hilfreich, wenn man den Nähnachmittag im Vorfeld durchspricht und sich Projekte direkt vornimmt.
Manchmal muss man den Kindern auch schon im Vorfeld gewisse falsche Vorstellungen nehmen. Meine große Tochter kommt hier manchmal mit Ideen für Projekte um die Ecke, deren Umsetzung ihre Fähigkeiten doch noch sehr übersteigen, oder die so aufwändig sind, dass wir sie in mehrere Sitzungen aufteilen müssten. Da muss man dann individuell schauen, was überhaupt machbar ist.
Gerade am Anfang rate ich zu kleinen, gut realisierbaren Projekten, am besten etwas, das Du selbst im Schlaf nähen könntest!
Die größten Gegner des Nähens mit Kindern sind: Lust verlieren und Wutausbrüche. Meine Kinder haben mich hier schon mitten im Projekt alleine sitzen lassen, weil sie dann doch plötzlich Playstation spielen wollten oder das Wetter auf einmal schön war und sie doch raus wollten. Oder weil es beim Nähen gerade einfach nicht so lief, wie sie sich das vorgestellt hatten. (Nämlich, dass man auf’s Pedal tritt und in fünf Minuten fertig ist.)
Um die Kinder bei der Stange zu halten, brauchen sie Erfolgserlebnisse, und das möglichst schnell und einfach. Daher bin ich auch sehr vorsichtig geworden, was große und aufwändige Projekte angeht. Das kann man machen, wenn die Kinder selbst mehr Erfahrung haben und nicht beim ersten Auftrennen aufgeben.
Beim Nähen können gerade für Anfänger schnell Frustmomente entstehen, und die gilt es zu vermeiden.
Das solltest Du für das gelungene Nähen mit Kindern vorbereiten:
- genug Unterfaden aufspulen, am besten auch schon 1-2 Ersatzunterfaden-Rollen vorbereiten
- einfaches Nähprojekt (siehe Liste unten) auswählen
- Zuschnitt vorbereiten, wenigstens Stoffstücke in zuschneidefähiger Größe vorbereiten
- gut nähbaren Stoff auswählen, also nichts Rutschiges, Flauschiges, Flatteriges usw.
- Bügelarbeiten, wenn nötig, schon vorher erledigen
- richtige Nadel in die Nähmaschine einsetzen
- Nähplatz vorbereiten: Zubehör, Zutaten, Nähmaschine und Fußbank* bereitstellen
- Zubehör: Lieber Klammern als Stecknadeln verwenden, möglichst Schere für Kinder
- Gummibärchen als Stimmungserfrischer bereithalten
- einen Plan B / alternatives Nähprojekt vorbereitet haben
Je älter die Kinder sind, desto besser kann man im Vorfeld absprechen, was genäht wird. Je mehr Erfahrung sie haben, desto mehr können sie dann auch allein. Bei kleinen Kindern muss man natürlich mehr vorbereiten und Hilfestellung geben.
Gruppendynamik bei Kindergeburtstag oder Nähkurs
Was auch helfen kann – gerade, wenn Du eine größere Gruppe betreust, z.B. bei einem Kindergeburtstag oder einem Nähkurs – sind (Keks-) Pausen. Bei mehreren Kindern macht es auch Sinn, die Kinder in Gruppen einzuteilen und dann zu staffeln. Das hängt auch ein bisschen von den Räumlichkeiten, der Anzahl der Nähmaschinen, den Vorkenntnissen der Teilnehmer und der Zeit ab. Auch hier gilt: Vorbereitung ist alles!
Falls jemand komplett aussteigt und gar nicht mehr mitmachen will, kann das die Dynamik der ganzen Gruppe beeinflussen und echt doof sein, weil Du dann bei dem/der einen gebunden bist, während die anderen womöglich an ihren Nähmaschinen nicht weiterkommen. Für solche Fälle würde ich irgendwas Kleines zur Beschäftigung des Frustrierten bereithalten – irgendwas, was erstmal ablenkt, z.B. dieses kleine Memo-Spiel* oder Stifte und Malbuch, damit die Nähshow mit den anderen Kindern weitergehen kann.
Richtig vermeiden werden sich solche Erlebnisse wohl nicht lassen. Ich habe ähnliches auch in einem Erwachsenen-Häkelkurs als Kursleiterin erlebt. Da war eine frisch gebackene Mami, die sich total schwertat mit der Häkelei, während ihr Mann gerade das 7 Wochen alte Baby durch die Altstadt schob – da kamen dann ein Haufen Probleme hoch und sie war dann irgendwann am Rande der Verzweiflung, was mir ja auch sehr leid tat. Eine Mütze hat sie an dem Tag leider nicht geschafft, aber dann irgendwann haben wir dann wenigstens den Anfang hinbekommen.
Wichtig ist in solchen Momenten, den Druck von den Teilnehmern zu nehmen. Bei den eigenen Kindern fällt es mir dann auch manchmal schwer, selbst nicht wütend zu werden. Aber wenn man sich dann an die eigenen Anfänge und Frustmomente erinnert, kann man vielleicht wieder Verständnis und Geduld aufbringen.
Nähprojekte für Kinder: Frustmöglichkeiten minimieren
Bei Kindern ist die Frustrationstoleranz noch viel geringer als bei Erwachsenen. Vielleicht hast Du auch schon einmal diesen Moment erlebt, in dem Du eigentlich fertig genäht hast und dann feststellst, dass der Unterfaden schon ne ganze Weile leer war. Oder als Du nur schnell was Aufbügeln wolltest und dann aber die Vlieseline auf Dein Bügeleisen gebügelt hast (Backofenspray hilft!!). Oder damals, als Du festgestellt hast, dass Du links auf rechts genäht hast oder eine Seite nicht eingefasst wurde.
Diese Liste der Nähunfälle und -fehler könnte ich um ein Vielfaches fortsetzen und bestimmt fallen Dir auch so ein paar Sternstunden des Nähens ein – erzähl mir gern in den Kommentaren davon! Mir passieren solche Dinger auch immer noch, auch nach zwanzig Jahren nähen.
Für Kinder können solche Sachen aber echt zum Drama werden, und daher sind gerade am Anfang ganz einfache, kleine Nähprojekte für Kinder am besten. Ich habe hier eine Liste zusammengestellt, die die Kinder schnell und gut nähen können, die Du auch gut vorbereiten kannst, und die für Kinder auch attraktiv sind. Grundsätzlich eignen sich auch fast alle meine Nähen-für-Faule-Projekte für Kinder und Nähanfänger.
Auch wenn die Kinder vielleicht lieber Satin, Paillettenjersey, Chiffon, Tüll und Organza nähen wollen: Lass es lieber bleiben! Einfache Baumwolle-Webware ist eine super Basis, um den Geradstich der Nähmaschine zu üben, und mehr brauchen wir ja erstmal nicht. Du kannst also prima Stoffreste verwenden, alte Bettwäsche, oder ein Patchwork-Paket* von buttinette – die sind super für den Nähstart.
Die folgenden 20 Projekte werden alle auch aus recht einfach zu verarbeitenden Stoffen genäht. Sie passen außerdem thematisch in die Welt von Kindern: Sie haben also am Ende etwas Selbstgemachtes, das sie auch wirklich im Alltag gebrauchen können. Obendrein sind die meisten dieser Nähideen kostenlos ;).
Schlüsselanhänger (Anleitung auf Französisch, kann man aber mit Google Translate übersetzen)
Stifterolle (ab 10 Jahren, Knopf evtl. von Hand nähen)
Haarschleife* (kostenlose Anleitung)
Kräuterkissen / Gewichtskissen
Lesezeichen (Anleitung auf Englisch, kann man aber mit Google Translate übersetzen)
Handytasche (für Kinder ab 10/11 Jahren)
Was sind Deine Erfahrungen beim Nähen mit Kindern?
Ich hoffe, dass Du etwas in der Liste gefunden hast und meine Erfahrungen und Tipps Dir weitergeholfen haben.
Weitere Nähideen zum Nähen mit Kindern stelle ich in diesem Artikel über Nähbücher mit Projekten für Kinder vor. Die eignen sich besonders gut, wenn man gemeinsam nach Nähideen sucht. Das Suchen von Nähideen im Internet zusammen mit Kindern finde ich persönlich gar nicht so schön, da sind die Kinder viel zu abgelenkt (und man selbst auch).
Nun bleibt mir nur noch, Dir und Deinen Kindern oder Enkelkindern einen schönen Nähnachmittag zu wünschen! Berichte mir gern davon, wie es gelaufen ist und was ihr zusammen genäht habt, oder erzähle mir von Deinem größten Nähfehler – damit wir alle was davon lernen können!
Abschließend teile ich diesen Beitrag noch mit DvD, Kinder-Allerlei und Creativsalat.
Super Artikel, vielen Dank!
leider bin ich ja etwas zu spät, aber vielleicht ist es ja doch noch für irgendwen interessant:
Bei einem Workshop mit Kindern im Grundschulalter und zwei weiteren anwesenden Müttern bin ich mit der Quilt-as-you-go-Technik (?) gut gefahren. Berge von Streifen aus Stoffresten lassen sich bestens vorbereiten (wenn die Kinder den nächsten Streifen aussuchen, gewinnt man etwas Zeit) und dann kann man prima eine Art Rundlauf machen: aussuchen, aufstecken, drübernähen, bügeln. Den Quiltlappen kann man am Ende in der Vorderseite eines Kissenbezugs verbauen, je nach Fähigkeiten nähen die Kinder selber oder man macht das eben in der Pause selbst.
Das klingt nach einem tollen Näherlebnis für die Kinder! Wir werden das ausprobieren – lieben Dank!
Viele Grüße,
Sonja