Makramee, Möbelbau, Eingemachtes und Genähtes… die Handmadekultur schreibt über genau das, was sie lebt – die Kultur des Handgemachten. Und ich durfte probelesen! Das Internet-Portal “Handmadekultur” kenne ich natürlich schon länger, und ich bin mit meinem Blog auch schon seit einiger Zeit dort vertreten. Regelmäßig stelle ich meine kostenlosen Anleitungen dort vor und profitiere als Bloggerin natürlich davon, dass ich dort ein kleines Schaufenster habe. Die Print-Ausgabe war mir irgendwie am Rande geläufig, aber ich muss zu meiner Schande gestehen, dass ich noch nie ein Heft gekauft habe.
Nun habe ich das Angebot genutzt, das Heft als kreative Bloggerin kostenlos zur Probe zu lesen, und ich bedanke mich an dieser Stelle recht herzlich für das kostenlose Heft! Ich nutze heute einmal die Gelegenheit das Thema “Online vs. Print” aufzugreifen. Immerhin bin ich “von Haus aus” Literatur- und Medienwissenschaftlerin ;).
Handmadekultur – das Magazin
Wer das Internet-Portal kennt, weiß, dass es dort einen sehr großen Fundus an Anleitungen und Inspirationen aus den Bereichen Nähen, Basteln, DIY, Food usw. gibt. Das setzt sich in der Print-Ausgabe genauso fort, unterfüttert mit tiefer gehenden Reportagen und Artikeln.
Die “Handmadekultur” erscheint 4x jährlich. Ich habe Ausgabe Nr. 3 September-November 2016 gelesen. Inhaltlich bietet das Magazin ein Potpourri verschiedener “Handmade”-Disziplinen und viele, viele Anleitungen und Ideen zum Selbermachen. Ab und zu sind auch Papier-Schnittmuster in der Zeitschrift enthalten. Natürlich interessiert mich am meisten “Nähen”, aber ich finde es genauso erfrischend und inspirierend meinen Blick rechts und links meiner Nähwelt schweifen zu lassen und zu sehen, was andere rund um “handmade” und “DIY” so machen.
Auf der Suche nach Inspiration – Print versus Online
In einer Zeit, in der unsere Blicke und Inspirationen computergesteuerten Algorithmen unterworfen sind (und ich selbst nicht selten das ungute Gefühl habe, dass meine Inspirationen und Ideen ferngesteuert werden vom Datenfeed der sozialen Netzwerke), empfinde ich es als wohltuend eine richtige, papierne Zeitschrift in Händen zu halten. Wie ich schon sagte, habe ich Literaturwissenschaft studiert – und das nicht ohne Grund!
Natürlich gehen print und online nicht mehr ohne einander. Die “Handmadekultur” ist auch die Online-Kultur von Kreativblogs. Kreative aus aller Welt präsentieren sich auch im Internet, und auch ich profitiere als Kreativbloggerin vom Internet. Im Herzen verstehe ich mich aber als Kunsthandwerkerin. Ich bin fasziniert vom Internet und ich liebe und lebe meinen Blog mit seinen Social-Media-Kanälen, meine ebooks und alles. Aber ich liebe auch meinen Nähkeller! Stoffe, Garne, Webbänder – tüddeln, fühlen, ausprobieren…
Und so, wie ich in meinem Schaffen ein Online- und ein Offline-Leben habe, so fühlt sich das Lesen einer richtigen Zeitschrift dann an. Natürlich erkennt man vieles wieder, und natürlich gibt es viele der Anleitungen auch online. Aber dasitzen und wirklich mal in Ruhe bei einer Tasse Kaffee die Handmadekultur durchblättern – das ist was anderes als sich durch einen Datenfeed zu scrollen.
Über die Ruhe des Stöberns: Der moderne Flaneur
Im Internet habe ich wenig Zeit. Beim Scrollen stoppe ich nur bei echt guten oder interessanten Fotos – weil ich entweder irgendwas Bestimmtes suche, oder weil ich “in eigener Sache” unterwegs bin und wenig bis keine Zeit für den kreativen Output anderer habe. Auf eine Zeitschrift lasse ich mich mehr ein. Ich nehme mir die Zeit in Ruhe durchzublättern, auch ein zweites Mal, zerstreue mich. Dabei stoße ich auf interessante Artikel, Perspektiven, Trends und Kreativtechniken, die ich sonst auf der Datenautobahn nicht einmal wahrnehme.
Ich bin durch die Lektüre der Zeitschrift auf ein paar schöne Blogs und Internetseiten gestoßen, die ich so vielleicht auch nicht kennengelernt hätte. Das zufällige Stöbern hält also noch ein paar Überraschungen und Möglichkeiten bereit, zu denen der auf mich abgestimmte Algorithmus vielleicht gar nicht mehr fähig ist. Da brauchen wir uns ja nichts vormachen – Google und Co. kennen uns alle schon ziemlich gut.
Wenn ich jetzt darüber nachdenke, fühle ich mich als “Flaneur” – jene literarische Figur, die der Kulturtheoretiker Walter Benjamin in dem französischen Dichter Charles Baudelaire gesehen hat. Der Flaneur streift ohne bestimmtes Ziel durch die Menschenmassen der Großstadt des 19. Jahrhunderts und lässt sich treiben – ein ähnliches Gefühl habe ich, wenn ich eine “echte” Zeitschrift in den Händen halte. Mehr über den “Flaneur” liest du bei der Wikipedia. Ich habe mich in meinem Hauptstudium viel mit Walter Benjamin und dem “Flaneur” beschäftigt – daher diese kleine Exkurs in die Kulturtheorie!
Ich habe mir für 2017 nichts wirklich Konkretes zum Vorsatz genommen – irgendwie “arbeite” ich andauernd an mir und beschreite meinen Weg einfach weiter ohne mir bestimmte Dinge vorzunehmen – aber ein Thema begleitet mich zunehmend, und das ist “Achtsamkeit”.
Beim Stöbern – dem unbestimmten Suchen Finden in der “Handmadekultur” – fiel es mir auf:
Indem ich mir Zeit nahm und das Heft durchblätterte, mein Blick und meine Gedanken mal hierhin und dorthin flossen, öffneten sich neue Gedanken und Ideen – Inspiration!
Sonja, The Crafting Café
Klar – auch hinter der Print-Ausgabe der “Handmadekultur” steckt eine Redaktion mit einer Grafikabteilung. Jedes Foto steuert den Blick, ebenso das Design und der Aufbau der Texte. Trotzdem wird doch die Auswahl der Inhalte nicht von einem Algorithmus auf mein Klickmuster angepasst, sondern eine Redaktion stellt die Inhalte zusammen, und ich kann entscheiden, was ich ansprechend finde, und was nicht.
Schöner Nebeneffekt: Das Auge wird entlastet ;). Und es kommen nicht andauernd Push-Nachrichten, sondern ich kann einfach in der Zeitschrift blättern, stöbern und abtauchen.
Handmade-Potpourri: Möbel-Bau und Makramee
Zugegeben, mich spricht auch nicht alles an. Aber wie gesagt – zum einen habe ich den ein oder anderen schönen Blog gefunden, über den ich sonst nie gestolpert wäre, z.B. Miss Red Fox oder Living and Green, und zum anderen hätte ich die ein oder andere Inspiration oder Anleitung niemals entdeckt, z.B. für den “Fake-Kamin”, für den es eine komplette Bauanleitung gibt, und den ich meinem Mann schonmal gezeigt habe – für den Fall, dass er mal irgendwann Langeweile hat.
Ein weiteres Thema, das mir die “Handmadekultur” nun nochmal ans Herz legte, ist Makramee. Ich hab das als Kind mal gemacht – in den 80ern! Meine Mutter hat Blumenampeln geflochten und so Wandteppiche geknüpft, da war teilweise auch Makramee-Technik dabei. Ich hatte als Kind auch Spaß daran. Vielleicht probier ich das nun mal mit meinen Kindern aus.
Gefallen hat mir auch der Artikel über “textile” Metaphern und Sprichwörter – sowas mag ich einfach total gern, und gerade für solche Artikel habe ich im Internet einfach keine Zeit.
Nähen mit Handmadekultur
Zwei Schnittmuster sind in der “Handmadekultur” enthalten – ein Blouson, und ein pfiffiger Kulturbeutel, den ich bestimmt mal nachnähen werde.
Der Blouson ist zugegebenermaßen einfach nicht meins – ich bin aber auch noch nie so der Mode-Mensch gewesen. Meine Stil lässt sich ganz gut mit “schlamm” und “Schlumpf” zusammenfassen. (Aber ich habe mir fest vorgenommen habe in der Zeit NACH DEM BAUCH viel viel mehr für mich zu nähen.) Der Blouson wird es nicht werden.
Aber das heißt ja nicht, dass das Angebot grundsätzlich schlecht ist, im Gegenteil!
Wer neugierig ist, kann ja auch gern auf der Schnittmuster-Seite der “Handmadekultur” vorbeisurfen und selbst ein bisschen stöbern: Gaaaaanz viele Schnittmuster stehen dort kostenlos zum Download zur Verfügung: HIER GEHT’S LANG!
Fazit: Online vs. Print
Online vs. Print – wer gewinnt? – Nun, muss es immer einen Gewinner geben? Ich arbeite täglich mit dem Internet und möchte es nicht missen – weder als Inspiration, noch als Verkaufsplatz. Hier auf meinem Blog erschaffe ich ja auch was – ich sehe meinen Blog so als Mischung zwischen Online-Mag und Kunstwerk. Online zu sein ist nunmal die Grundbedingung. Print ist langsamer und entschleunigt – hat also definitv den Vorteil, dass es mehr entspannt. Für mich wird weiterhin die Mischung wichtig sein: Ich brauche “offline” (sei es eine Zeitschrift, ein Buch, ein Stoff…) um mich zu erden, aber ich liebe auch die Online-Welt, in der ich mich bewege und die ich selbst mitgestalte.
Wie geht es Dir damit? Eigentlich leben wir ja alle schizophren!
Sonja
* Die Ausgabe der “Handmadekultur” wurde mir für diese Rezension kostenlos zur Verfügung gestellt. Eine weitere Vergütung erfolgte nicht. Informationen über Werbung auf diesem Blog erhältst Du auf meiner Transparenzseite.
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Ich denke, sowohl Print als auch Online hat Vor- und Nachteile. Leider ist natürlich beides fremdbestimmt. Der Algorithmus versucht, die Inhalte möglichst passgenau auf einen auszurichten, hat aber weniger Möglichkeiten zu schauen, ob die Inhalte gut aufbereitet sind. Bei redaktionellem Inhalt kann man davon ausgehen, dass der Inhalt gut aufbereitet ist, aber eben die Streuung größer ist und einem (noch) mehr nicht unbedingt zusagt. Ersteres ist natürlich immer von Vorteil und wenn man wie du gerne über den Tellerrand guckt und Neues entdecken möchte, ist natürlich die redaktionelle Aufbereitung optimal.
Ich lese aus ganz ähnlichen Gründen hin und wieder Zeitschriften und Magazine, weil sonst Dinge unter meinem Radar vorbei fliegen – sowohl im Bereich des DIY, als auch politisch usw.
Und ja, auch ich habe den Eindruck, dass ich bei Printprodukten viel achtsamer lese und unter Umständen auch mehr mitnehme, weil die Lesesituation eine andere ist – genau wie du sie beschrieben hast.
Im Prinzip sind wir uns also ziemlich einig.^^ (Nur dass mir der Streuverlust bei Handmade Kultur immer zu groß war.)
Liebe Grüße,
Sabrina
Hallo Sabrina,
ja, genau um den "Streuverlust" gering zu halten, muss man wohl die für sich ideale Zeitschrift finden. Ich weiß nicht, ob es die wirklich gibt. Für mich wird es weiter eine Mischung sein, denke ich: Ich halte online die Augen auf, blättere aber auch gern in Zeitschriften und kauf hin und wieder eine, und das auch nicht nur im DIY-Bereich :).
Lieber Gruß,
Sonja